„Zwischen den Gläsern“
Der Sonntagabend lag wie eine weiche Decke über der Stadt. Hinter den Fenstern des kleinen Bistros glühte warmes Licht, und der Duft von frisch gebackenem Brot vermischte sich mit dem würzigen Aroma des Weins.
Sie trat ein, zog die Jacke langsam aus – ihre Bewegungen waren nicht hastig, sondern bedacht, als wollte sie den Moment auskosten. Er stand auf, um sie zu begrüßen. Seine Hand ruhte einen Atemzug zu lange auf ihrem Rücken, und in diesem Hauch von Berührung lag schon mehr, als Worte je hätten sagen können.
Das Gespräch begann wie ein leises Spiel. Zwischen Sätzen glitten ihre Blicke ineinander, hielten sich fest, ließen wieder los, nur um sofort zurückzufinden. Der Rotwein glänzte dunkel im Glas, und jedes Mal, wenn ihre F****r den Stiel berührten, schien er ihr zuzusehen.
Bei der Hauptspeise beugte er sich etwas vor, um sie besser zu hören. Seine Stimme war nah, fast an ihrem Ohr, und die Wärme seines Atems ließ sie unmerklich innehalten. Unter dem Tisch streifte sein Knie ihres – eine zufällige Berührung, die keiner von beiden zurückzog.
Später, als sie gemeinsam hinausgingen, wehte ein kühler Wind durch die Straßen. Sie gingen dicht nebeneinander, so dicht, dass sich ihre Hände fast berührten. Er sagte etwas, das sie zum Lachen brachte, und in ihrem Lächeln lag eine stille Zustimmung.
An der Ecke blieben sie stehen. Der Wind spielte mit einer Haarsträhne, die er sanft hinter ihr Ohr strich. Ein Blick, tief und fragend – und in diesem Blick lag bereits die Antwort, bevor einer von beiden sie aussprach.
Die Straße war fast leer. Ihre Schritte hallten leise, und nur das ferne Rauschen der Stadt begleitete sie. Zwischen ihnen lag eine Wärme, die nichts mit dem Wetter zu tun hatte.
„Noch ein Glas?“, fragte er beiläufig, als sei es eine spontane Idee. Sie nickte – vielleicht etwas zu schnell.
Seine Wohnung lag nur ein paar Straßen entfernt. Die Treppe knarrte unter ihren Schritten, und in der Stille hörte man den Schlag ihres eigenen Herzens. Er schloss die Tür hinter ihnen, ließ die Jacken achtlos über einen Stuhl gleiten.
Das Licht war gedämpft, golden, wie flüssiger Honig. Er öffnete eine Flasche, schenkte nach, und als er ihr das Glas reichte, berührten sich ihre F****r. Nicht zufällig. Nicht unabsichtlich.
Sie standen nah beieinander, sprachen über nichts und doch über alles. Worte wurden langsamer, leiser. Die Pausen dazwischen länger.
Ein Windzug vom offenen Fenster bewegte die Vorhänge. Sie trat einen halben Schritt näher, roch den Wein auf seinen L****n. Sein Blick glitt über ihr Gesicht, verweilte, und in diesem Blick lag die unausgesprochene Einl****g, die beide längst angenommen hatten.
Die Kerze auf dem Tisch flackerte – oder war es ihre Atmung, die den Raum veränderte?